„Anders essen“ Film und Filmgespräch

Ein Beitrag von unserer Bundesfreiwilligen Antonia Bätzold.

Der Saal in der Schauburg war gut gefüllt für die erste Ausstrahlung des Films Anders essen – Das Experiment. Das Publikum wurde Zeuge, wie ein Wandel von unserer pragmatischen Konsumkultur hin zu mehr regionalem und nachhaltigen Ernährungsbewusstsein innerhalb von Familien stattfinden kann. Schwer ist letztlich vor allem die Barrierren im eigenen Kopf zu überwinden, neues zu wagen, sich selbst zu reflektieren und eigenes (Konsum-)Verhalten kritisch zu hinterfragen.

Regionale und nachhaltige Lebensmittel zu beziehen ist nicht immer einfach, wird durch vielfältige Iniitativen und Projekte aber zunehmend leichter und lässt uns hoffnungsvoll einer Ernährungswende entgegenblicken, denn diese beginnt bei uns auf den Tellern. Dies veranschaulichte auch der Film, welcher aktuell noch in der Schauburg zu sehen ist. Für ihren Dokumentarfilm haben die Filmemacher Kurt Langbein und Andrea Ernst einen Acker mit genau den Getreide- und Gemüsesorten, Früchten, Ölsaaten und Gräsern bepflanzen lassen, die für jede Person tagtäglich auf dem Teller landen. So entstand ein Feld von 4.400 m², was ungefähr einem kleinen Fußballfeld entspricht. Das ist die Menge, die eine durchschnittliche Person in Deutschland für die Ernährung benötigt. Aber bald stellt sich heraus: Eigentlich verbrauchen wir doppelt so viel, als uns zusteht. Würden sich alle Menschen so ernähren, bräuchten wir also bald eine zweite Erde.

Nach der Filmvorführung schloss sich eine Veranstaltung des Ernährungsrates Dresden und Region an, organisiert und moderiert von unseren Team-Mitgliedern der Lokalen Agenda, Christine Mantu und Antonia Bätzold. Zu Gast für die Gesprächsrunde waren Ekkehard Spiegel vom Projekt 2.000 m² (Weltacker Berlin), Barabara Rische von der Verbrauchergemeinschaft Dresden sowie Fanny Schiel von den Marktschwärmern.

v.l.n.r. Christine Mantu, Ekkehard Spiegel, Barbara Rische, Fanny Schiel, Antonia Bätzold

In kleinen Schritten anfangen und neues wagen. Diese Botschaft können wir aus dem Film auch auf unser eigenes Leben übertragen. Doch wie ist es uns möglich im urbanen Raum Lebensmittel nachhaltig aus der Region zu beziehen, wenn wir keinen eignen Garten besitzen und keinen Kontakt zu Landwirt/innen haben? Konkret in Dresden gibt es hierzu zwei tolle Alternativen: die Marktschwärmer sowie die Verbrauchergemeinschaft. Die Marktschwärmerei Dresden bietet Verbraucher/innen die Chance online direkt beim erzeugenden Betrieb eine Betellung aufzugeben – egal ob nur 1 Bündel Petersilie und 3 Eier oder gleich eine ganze Kiste Kartoffeln – von Gemüse, Fleisch bis zur Naturkosmetik ist alles erwerbbar. Die bestellte Ware ist dann abholbereit zum Markttag verfügbar, wird zum Teil sogar geliefert, ganz unkompliziert. Der Vorteil liegt neben der regionalen Versorgung und der Interaktion zwischen städtischem und ländlichen Raum (alle Angebote stammen aus einem Umkreis von durchschnittlich 23 km um Dresden) vor allem darin, dass die Landwirt/innen 82 Prozent des Erlöses erhalten, da keine Zwischenhändler vorhanden sind.

Auch bei der Verbrauchergemeinschaft Dresden (VG) können regionale Lebensmittel eingekauft werden. Das Sortiment umfasst dabei jedoch auch sämtliche Köstlichkeiten biologischer Lebensmittelanbieter, die nicht aus der Region beziehbar sind. Bereits seit 1994 ist die VG als Verein aktiv und hat mittlerweile über 10.000 Mitgleider. Die Finanzierung der 6 Läden (Löhne, Miete u.ä.) erfolgt über monatliche Mitgliederaufwendungen (Beiträge), weniger über Warenaufschläge. Dadurch wird ein weitgehend umsatzunabhängiges, faires und gemeinschaftliches Wirtschaften möglich. Mitglieder profitieren dabei konkret vom Zweipreismodell, das heißt, dass die Produkte zu niedrigeren Preisen erworben werden können.

Diese beiden Konzepte, die ein nachhaltigeres Einkaufsverhalten begünstigen und die ökologische sowie regionale Landwirtschaft fördern, sind definitiv Alternativen die wir in Dresden unterstützen und ausprobieren sollten.

Beim Projekt 2.000 m² in Berlin ist zwar nichts materielles direkt zu erwerben aber es gibt einen ganzen Haufen Wissen, den sich Interessierte aneignen können. So berichtete Ekkehard Spiegel, dass auf dem Weltacker die Ackerkulturen unserer Weltgemeinschaft im gleichen Verhältnis angebaut werden, wie sie auf den Feldern weltweit wachsen – die ganze Welt also auf einem Acker. Damit wird den Besucher/innen das Ungleichgewichte im globalen Anbau aufgezeigt und zur Findung gemeinsamer Alternativen angeregt. Am ausschlaggebendsten für das Verändern des eigenen Verhaltens ist zumeist ein einprägendes Erlebnis. Wird uns also vor Augen geführt, wieviel Getreide etwa für Futtermittel angebaut werden muss, und wieviel Flächen so durch Monokulturen besetzt und ausgelaugt werden, wie die Tiere in der Massentierhaltung leiden, schmeckt der nächste billige Hamburger eventuell doch nicht mehr so gut. Eine der wichtigen Botschaften aus Berlin: informier dich und tu selbst etwas. Zwar bedarf es natürlich eine bessere politische Agenda für unser Ernährungssystem, nichtsdestotrotz ist jeder Kassenzettel auch ein Stimmzettel. Vandana Shiva, Valentin Thurn oder auch Anton Hofreiter unterstützen den Weltacker und dessen vielfältige Bildungsangebote durch eine Ackerpatenschaft für 20 Euro/Jahr. Wir finden dieses Projekt ist eine Bahnreise wert!

Zum Abschluss gaben unsere Referent/innen noch ein paar wertvolle Tipps für eine nachhaltigere Ernährung:

  • weniger wegwerfen (deutscher Durchschnitt: 75 kg Lebensmittel pro Person landen im Abfall)
  • Einkäufe und die alltägliche Ernährung für die Woche besser planen und so gezielter einkaufen und (vor-)kochen (dann bleibt auch weniger übrig)
  • Müll reduzieren und verpackungsfrei einkaufen (VG, Marktschwärmer oder Verpackungsfreiläden – Dresden hat einiges an nachhaltigen Alternativen zu bieten)
  • eigene Gefäße und Beutel zum einkaufen mitnehmen
  • die ökologische Landwirtschaft durch den Erwerb von diesen Produkten unterstützen und so die natürlichen Kreisläufe fördern
  • weniger Fleisch, mehr Pflanzen essen
  • Importwaren aus Übersee stark reduzieren, bestenfalls vermeiden
  • Lebensmittel selber verarbeiten und konservieren
  • mit Freude neues ausprobieren, das Essen wertschätzen und vor allem genießen!

Auch das Publikum brachte zahlreiche Anregungen, Fragen, Tipps und Beiträge ein, die den Abend insgesamt als eine informativeVeranstaltung abrundeten. Wir bedanken uns bei allen Referent/innen, Gästen und der Schauburg, die diesen gemeinsam Abend ermöglicht haben – wir freuen uns aufs nächste Mal!