Jedes Jahr unterstützen wir als Lokale Agenda die europäische Mobilitätswoche in Dresden mit einer Veranstaltung. Die Woche ist eine tolle Gelegenheit, bei der viel neues erlernt und ausprobiert werden kann. Die Aktionswoche sensibilisiert, vernetzt und trägt damit einen entscheidenden Teil zur Akzeptanz der Mobilitätswende bei.
In diesem Jahr haben wir das Thema „Barrierefreiheit“ in den Fokus gesetzt. Dafür planten wir gemeinsam mit dem Projekt ÖPNV für alle vom Landesverband Selbsthilfe Körperbehinderter Menschen und Neustad(t)raum einen Stadtteilrundgang, bei dem wir die Dresdner Neustadt aus einer anderen Perspektive kennenlernen sollten. Die Anmeldungen zeigten schnell, dass sich viele Akteur*innen und Anwohnende für das Thema interessieren. Aufgrund der Pandemiebestimmungen konnten uns leider nur 25 Teilnehmende begleiten.
Als Ausgangspunkt unseres Rundgangs war mit dem Albertplatz ein Ort gewählt, der bereits verdeutlichte, wie wichtig gute Verkehrsplanung für Menschen mit Mobilitätseinschränkung ist – denn ein Paradebeispiel ist der Albertplatz in diesem Aspekt definitiv nicht. Aufgrund der Bestimmungen des Denkmalschutzes, können die Übergänge nicht begradigt werden und so holpern Rad, Rollator und Rollstuhl über hohe Bordsteinkanten sowie Pflastersteine und stellen eine erhöhte Sturzgefahr dar. Hier bleibt die Frage offen, ob und wie Denkmalschutz und Inklusion zusammen gedacht und realisiert werden können.
Unser Weg führte uns weiter über die Königsbrücker Straße: Ausfahrten mit schiefem, unebenem Kopfsteinpflaster und vor allem vielen Huckeln und Kuhlen begegneten uns auf jedem Meter. Angekommen an der Katharinenstraße, stellten wir fest, dass es keine Möglichkeit gibt mit einem Rollstuhl die Straße zu queren: Um das grobe Kopfsteinpflaster überwinden zu können, fehlt auf der gegenüberliegenden Seite ein abgesenkter Bordstein. Die vorhandene, abgesenkte Seite ist zusätzlich oft zugeparkt. Wie bestellt, parkte just in diesem Moment demonstrativ ein Motorrad an dem abgesenkten Bordstein. Der Motorradfahrer erhielt so direkt eine Sensibilisierung vor Ort. Nachdem wir in der Katharinenstraße noch weitere, zum Großteil unüberwindbare, Hürden, wie Baustellenquerungen, schmale Bordsteine und an Verkehrsschildern angeschlossene Fahrräder passiert hatten, erreichten wir die Scheune.
Die Geschäftsführerin Romy Jähnig führte aus, wie Barrierefreiheit in der Scheune bisher baulich realisiert wurde. Toiletten, Rampen und eine Servicestation für Fahrräder und Rollstühle sind einige Maßnahmen, die mobilitätseingeschränkten Personen den Aufenthalt erleichtern. Natürlich gibt es weitere Maßnahmen, die wichtig wären, aufgrund der Budgetfrage jedoch aktuell nicht umgesetzt werden können. Dennoch wird auch beim Umbau der Scheune 2021 die Barrierefreiheit wieder eine große Rolle spielen.
Berichte über die alltäglichen Schwierigkeiten an der Königsbrücker Str. Die Katharinenstr. mit z.T. unüberwindbaren Hürden Romy Jähnig berichtet über die Barrierefreiheit in der Scheune
Als nächste Station führte uns Birgit Prelle am Tranquillo vorbei. Einer der wenigen Läden in der Dresdner Neustadt, bei dem eine mobile Rampe für Kund*innen zur Verfügung steht. Auch diese gestaltete sich als zu steil, um selbständig in einem Rollstuhl passiert werden zu können. Wir legten die Rampe vom Landesverband an, die wir im Lastenrad mittransportiert hatten und eine Teilnehmerin führte uns vor, welche akrobatische Leistung die Befahrung noch immer bedurfte.
Hinweis an der Eingangstür
Als letzte Station besuchten wir noch ein weiteres positives Beispiel: den Martin-Luther-Platz. Dort finden sich neben flach befahrbarem Pflaster auch kaum Barrieren für Rollstühle. Es gibt genug Raum zum rangieren und zudem keine Hindernisse wie abgestelle Fahrräder.
Dank des praktischen Lastenrades, dass BRN-Koordinatorin und Stadtbezirksbeirätin Ulla Wacker für uns fuhr, konnten wir Verpflegung, sowie Campingstühle für ein Abendliches Picknick ohne Probleme zu unserem Endpunkt transportieren. Die Lokale Agenda für Dresden sponsorte als Verein einen leckeren Zwiebelkuchen aus der BrennNessel sowie saisonalen Federweißer und Traubensaft aus der Verbrauchergemeinschaft. Gemeinsam ließen wir den Abend gemütlich ausklingen und nutzten die Zeit zum weiteren Austausch und Vernetzen.
Abschluss auf dem Martin-Luther-Platz
Rückblickend haben wir den Stadtteilrundgang als sehr lehrreich empfunden. Ziel war es für das Thema zu sensibilisieren, zu vernetzen und im Nachgang die Interessen der betreffenden Zielgruppe nachhaltig in den Fokus zu rücken.
Wir danken allen Beteiligten für diese gelungene Veranstaltung!