Wie steht es um die Bürgerbeteiligung in Zeiten von Corona?
Das Berlin Institut für Partizipation untersuchte in einer aktuellen Befragung, an der sich über 1.700 Akteure beteiligten, wie sich die Corona-Pandemie auf die Bürgerbeteiligung in Deutschland auswirkt.
Das Institut fasst die Studie wie folgt zusammen:
„Beteiligung steht (weitgehend) still
Die Umfrage zeigt, dass die Coronapandemie zu einer abrupten Unterbrechung laufender deliberativer Verfahren geführt hat. Dies hat nicht nur aktuelle Auswirkungen, sondern wird die Partizipation in Deutschland aufgrund abgesagter bzw. verschobener Beteiligungsverfahren auch in der nahen Zukunft negativ betreffen. In zahlreichen Bereichen könnte 2020 zu einem „verlorenen Jahr“ für die Bürgerbeteiligung werden.
Beteiligungsdienstleister hart getroffen
Das Herunterfahren der Beteiligung hat nahezu alle an der Umfrage teilnehmenden Anbieter von Beteiligungsverfahren in unterschiedlicher Intensität negativ getroffen. Ein erheblicher Teil der Branche sieht sich existenziell gefährdet. Zudem geht die Beteiligungsbranche nur von einem geringen „Nachholeffekt“ nach der Pandemie aus.
Nur digital geht es nicht
Digitale Beteiligungsformate bieten grundsätzlich die Möglichkeit, bei unerwarteten Ereignissen eine Verstetigung der Partizipation zu garantieren. Die Studie zeigt jedoch, dass dies selten der Fall ist. Zum einen lässt sich dies auf fehlende digitale Möglichkeiten zurückführen. Zum anderen ergab die Befragung, dass vorhandene Optionen lediglich in moderatem Umfang vermehrt genutzt werden. Die meisten Akteure sehen daher nach wie vor den unmittelbaren, persönlichen Diskurs als Voraussetzung für gelingende Beteiligung an.
Keine Zeit verlieren
Viele Kommunen haben in den vergangenen Jahren mit Erfolg umfangreiche Ressourcen in eine lebendige Beteiligungslandschaft investiert. Diese Errungenschaften sind potentiell bedroht, wenn es über einen längeren Zeitraum keine Formen des deliberativen Austausches gibt. Neben der lokalen und fallweisen Erörterung der Möglichkeiten einer Nutzung digitaler Instrumente wird es in der nächsten Zeit auch darum gehen, wie neue Formate der Offline-Beteiligung in Zeiten von COVID-19 möglich sind.
Neue Teilhabestrukturen schaffen
Die Beteiligungsstrukturen stehen gegenwärtig unter Druck und werden dies auch nach der Pandemie sein. Die aktuellen Reaktionen in Teilen der Bevölkerung auf die Corona-bedingten Einschränkungen legen eine Intensivierung der Beteiligung nahe. Ein Nationales Kompetenzzentrum könnte dazu beitragen, dass Corona sich letztlich von einer Bedrohung zu einem positiven Impuls für starke und resiliente Beteiligungsstrukturen entwickelt.“
Die komplette Studie steht hier kostenlos zum Download bereit.