Für die Eröffnung unseres Projektes „Neue Heimat nachhaltig: Wir pflanzen Kulturhauptstadtblüten“ im Rahmen der Kulturhauptstadtbewerbung 2025 haben wir Florian von Fridays for Future Dresden eingeladen eine Rede zu halten. Da diese bei uns Gändehaut ausgelöst hat, haben wir sie hier hochgeladen.
„Hört ihr das? Seid einmal ganz still. Da ist ein Ticken in der Stille. Immer. Denn die Zeit steht nie still. Dieses Ticken bedeutet so unglaublich viel. Es bedeutet ein Voranschreiten, das Vergehen von altem und das Entstehen von neuem. Jedes Ticken bedeutet einen weiteren Teil des Lebens, aber vor allem bedeutet es, dass die Zeit rennt. Und sie rennt viel zu schnell.
Wir bewerben uns als Stadt Dresden für die Kulturhauptstadt 2025. Das sind nun noch etwas mehr als 5 Jahre. Etwa drei Jahre später, wird eine Uhr abgelaufen sein, deren Ticken sich immer weiter unter meine Kopfhaut brennt. Drei Jahre nach dem der Titel für die Kulturhauptstadt 2025 vergeben wurde, wird die CO2 Uhr abgelaufen sein. Wenn wir auf unserem aktuellen Kurs weiter fahren wird in 8 Jahren das CO2 Budget, das der IPCC zur Einhaltung des 1,5 °C-Ziels als Obergrenze festgelegt hat, erreicht sein.
Wenn dieses Ziel überschritten ist, wird es mit 66%iger Wahrscheinlichkeit zum Überschreiten von Kipppunkten des Klimas gekommen sein, was bedeutet, dass sich das Weltklima irreversibel, nicht wieder umkehrbar in einen neuen Zustand begeben hat, in dem das Überleben der Menschheit mindestens stark erschwert, wenn nicht sogar unmöglich wird. Und drei Jahre vor diesem Punkt wollen wir uns als Kulturhauptstadt bewerben.
Ein Zitat: „Aus unserm blutigen Schicksal baut ihr euch selbst noch ein Denkmal, das uns ganz langsam von der Erde verdrängt.“ Ich stehe heute hier, als Vertreter der Bewegung Fridays For Future. Das Lied, aus dem dieses Zitat stammt, wird bei uns auf Demos gespielt, während wir uns dazu nach und nach auf den Boden legen, um ein Zeichen zu setzen. Wir stellen uns tot, um die Folgen des Klimawandels, der Klimakrise, des Klimakollaps bildlich aufzuzeigen. Das ist ein Teil meines Lebens. Das ist ein Teil des Lebens vieler Jugendlicher und vieler anderer Menschen heutzutage. Das ist unsere Kultur: Der Kampf gegen den Klimawandel.
Was ist das für eine Kultur, in der sich Menschen, hauptsächlich Jugendliche auf die Straße legen und das Sterben durch den Klimawandel vorspielen? Was ist das für eine Kultur, in der jeden Freitag und eigentlich jeden Tag in der Woche Menschen auf die Straße gehen und singen „Hurra, diese Welt geht unter“? Was ist das für eine Kultur, in der ich, ein Schüler, hier vorne stehen muss, weil die Politiker es nicht schaffen, uns als Menschheit in eine lebenswerte, nachhaltige Welt zu führen?
Apropos „nachhaltig“. Dieser Begriff taucht im aktuellen Bidbook „Neue Heimat Dresden 2025“ ganze 18 Mal auf. Der Begriff „Klima“ kommt genau einmal vor und bezieht sich auf das gesellschaftliche Klima in unserer Stadt. Der Begriff „Umwelt“ fehlt gänzlich.
Nachhaltigkeit ohne Klima und ohne Umwelt. Da wurde doch etwas grundsätzlich nicht verstanden. Umwelt- und Klimaschutz lässt sich in diesem gesamten Bewerbungsbuch nur mit viel gutem Willen finden, denn immerhin hat sich die Stadt vorgenommen, „Ein Programm zu entwickeln, das sich an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen orientiert.“
Hier liegt ein unglaubliches Missverständnis vor. Im Jahre 2025 wird sich unsere gesamte Kultur nach Umwelt- und Klimaschutzaspekten richten, sie muss darauf aufbauen, alles muss sich darum drehen. Umwelt- und Klimaschutz werden in Zukunft keine Randthemen, keine Teilaspekte unserer Kultur sein, sondern die Kernpunkte, die unseren Alltag, die jeden Moment unseres Lebens, die jede Sekunde, die mit einem Ticken vergeht, bestimmen werden.
Wenn wir es nicht schaffen, von unserer Wegwerfkultur loszukommen, wenn wir es nicht schaffen, aufzuhören, unsere Atmosphäre als Universalmüllhalde für schädliche Gase zu verwenden, wenn wir es nicht schaffen, Klimaschutz in Mitten unserer Kultur zu verankern, wird es unsere Kultur, wird es unsere Gesellschaft extrem schwer haben.
Die Bewerbung zur Kulturhauptstadt 2025 könnte ein echtes Zeichen dafür sein, dass wir uns eben nicht nur ein Denkmal bauen wollen, sondern dass wir dafür kämpfen, unser Schicksal noch abzuwenden. In diesem Sinne kann ich nur noch sagen: Die Zukunft wird entweder grün oder überhaupt nicht. Kämpft mit uns für ersteres.
Dankeschön“