Nachhaltigkeitskonferenz in Chemnitz – Eine Aufgabe verbindet

Verleihung des Hans-Carl-von-Carlowitz-Nachhaltigkeitspreises

Bei der 6. Sächsischen Nachhaltigkeitskonferenz am 29. November wurde im Chemnitzer Stadtzentrum ein Tag der Nachhaltigkeit gewidmet. Vor Beginn der Preisverleihung wurde am Morgen mit dem Rektor der TU Dresden und Felix Finkbeiner von Plant for the Planet noch schnell eine Esskastanie direkt neben die Chemnitzer Oper gepflanzt. „Stop talking, start planting“ war hier das Motto.

Geredet wurde dann allerdings viel bei der Preisverleihung am Vormittag, wobei das Parkett der Chemnitzer Oper  gut gefüllt und das öffentliche Interesse groß war. Nach den Grußworten der veranstaltenden Hans-Carl-von-Carlowitz-Gesellschaft e.V. vertreten durch Herrn Dr. Dieter Füßlein und den Chef der Staatskanzlei Herrn Oliver Schenk wurde von Herrn Dr. Füßlein und TU Dresden Rektor Herrn Hans Müller-Steinhagen einen Kooperationsvertrag unterschrieben. Herr Schenk bezog sich in seinem Grußwort auf die zwei Tage zuvor im Sächsischen Kabinett verabschiedete Fortschreibung der Sächsischen Nachhaltigkeitsstrategie, in die 2017 und 2017 und 2018 durch einen Dialogprozess auch Impulse von Initiativen und der Zivilgesellschaft eingeflossen sind. Felix Finkbeiner, Gründer der weltweiten Kinder- und Jugendorganisation Plant for the Planet nahm dann redegewandt die Bühne ein und berichtete viel vom Tun und was jede/r beitragen kann, um z.B. durch Baumpflanzungen einen CO2-Zeitpuffer im Klimawandel zu „erpflanzen“.

Der erste Preisträger war Hannes Jaenicke, Schauspieler, Buchautor, Filmemacher und Umweltaktivist. Hannes Jaenicke nutze die Bühne um auf die weltweiten und lokalen Missstände bei der durch Lobbygruppen verhinderten Umsetzung dringend notwendiger Nachhaltigkeitspolitik aufmerksam zu machen. Ebenso prangerte er die fehlende Bereitschaft des Einzelnen an, auf unnachhaltige Produkte und Leistungen zu verzichten. Mit seiner Schauspielerstimme konnte er auch die schlimmsten Dinge thematisieren, so dass sie trotzdem beim Publikum ankamen, wie z.B. die Prostitution von Orang-Utan-Weibchen auf Palmölplantagen.

Der zweite Preisträger in der Kategorie International war Du Shaozhong. Er hielt einen Vortrag über das gewachsene, aber noch ausbaufähige Umweltbewusstsein der chinesischen Bevölkerung mit Fokus auf Peking, wo er u.a. lange Vorstandsvorsitzender für die Gesellschaft für Umweltwissenschaft (eine Nichtregierungsorganisation) war. Er baute parallel dazu eine 5 Millionen Menschen umfassende Followerschaft in den chinesischen sozialen Medien auf, deren Unterstützung er auch nutzt, um ökologische Missstände im modernen China anzuprangern.

Eine Aufgabe muss noch gelöst werden: Nachhaltigkeit

Wie auch im letzten Jahr war die diesjährige Preisverleihung durch einen 100% rein männlichen Auftritt (Preisträger, Grußwortgeber, Laudatoren, Moderator) geprägt. Das ist für die mindestens 50% Frauen im Publikum und die mindestens 50% engagierten Frauen in allen Themenbereichen der Nachhaltigkeit im Jahr 2018 und dem Anspruch der Nachhaltigkeitsziele (SDG5 Geschlechtergerechtigkeit) unwürdig. So kann auf der 6. Sächsischen Nachhaltigkeitskonferenz erwartet werden, dass eine paritätische Bühnen- und Programmgestaltung Maßgabe ist.

Ebenso muss diskutiert werden, ob für einen Nachhaltigkeitspreis wirklich internationale Preisträger samt Familie, Laudatoren und eine 20köpfige Musikgruppe aus China nach Chemnitz eingeflogen werden müssen und nicht erwähnt wird, ob deren Flüge wenigstens durch z.B. Angebote von Atmosfair kompensiert wurden. Auch beim Catering war nicht ersichtlich, wie biologisch oder regional das Angebot zusammengestellt wurde und der vegetarische Anteil war verbesserungswürdig. Hier gilt es immer wieder, auch die tatsächlich (vor)gelebte Nachhaltigkeitspraxis zu hinterfragen und zu verbessern, vor allem bei einer Veranstaltung mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit. Da sind viele schon weiter.

Neben diesen Kritikpunkten gab es aber auch unterhaltsame Beiträge und mutmachende Akteure wie Felix Finkbeiner und Hannes Jaenicke, die kein Blatt vor den Mund nehmen und Nachhaltigkeit als absolute notwendige Handlungsgrundlage herausstellen.

Nachhaltigkeitskonferenz

Am Nachmittag ging es dann mit dem Konferenzteil im Chemnitzer Hof weiter. Es wurde interaktiver und weiblicher. Zu Beginn moderierte Frau Prof. Edeltraud Günther, neue Direktor bei der UN-Universität UNU-FLORES, ein Gespräch mit den Preisträgern und Fragen aus dem Publikum.

Danach teilten sich die Teilnehmenden auf vier Workshops auf zu den Themen:

  • Nachhaltige Stadt- und Gemeinde- sowie Regionalentwicklung
  • Nachhaltig produzieren und konsumieren
  • Energiewirtschaft, Mobilität und Klimaschutz
  • Stärkung von bürgerschaftlichem Engagement

Die Lokale Agenda moderierte den Workshop zum Thema Energiewirtschaft, Mobilität und Klimaschutz mit knapp 20 Teilnehmenden aus Staatsministerien, Landtag, Naturschutzverbänden, kommunaler Wirtschaft sowie engagierte und interessierte Bürgerinnen und Bürger. Zunächst wurden die bereits vorhandenen Forderungen aus den sechs im Projekt „Sachsen nachhaltig entwickeln“ vorangegangenen Regionalkonferenzen seit 2016 gesichtet. Die Teilnehmenden ergänzten dann die vorhandenen Maßnahmen um wichtige noch fehlende energiewirtschaftliche Themen wie z.B. den Ausstieg aus der Kohle und der Kohleverstromung. Dann wurde die für die Gruppe wichtigsten drei geforderten Maßnahmen ausgewählt, zu denen alle dann noch Umsetzungsinstrumente sammelten und diskutierten.

Diese drei wichtigsten Maßnahmen und ein Umsetzungsinstrument wurden auf Kartons geschrieben und in der abschließenden Podiumsdiskussion mit vier Mitgliedern des sächsischen Landtages Frau Dr. Jana Pinka (LINKE), Herr Oliver Fritsche (CDU), Herr Wolfram Günther (GRÜNE) und Herr Jörg Vieweg (SPD) als Aufgaben mitgegeben.

Nach diesem langen Tag konnten sich die Teilnehmenden ebenso neue Motivation und Impulse mit in ihren persönlichen oder Arbeitsalltag nehmen. Die Mitglieder des Landtages setzen sich in Zukunft hoffentlich ebenso engagiert wie in der abschließenden Diskussion für die Umsetzung der Sächsischen Nachhaltigkeitsstrategie ein.

Als Fazit zeigte sich für uns mal wieder deutlich, wie wichtig es ist, dass die Akteur/innen der Nachhaltigkeit selbst als auch Vorbild agieren, um glaubwürdig und inspirierend zu sein.