Sächsische Nachhaltigkeitskonferenz 2019

Verleihung des Hans-Carl-von-Carlowitz-Nachhaltigkeitspreises

Unter dem Motto „Sachsen nachhaltig entwickeln – Carlowitz weiterdenken!“ lud die Hans-Carl-von-Carlowitz-Gesellschaft am 7. November zur siebten Sächsischen Nachhaltigkeitskonferenz ins Chemnitzer Opernhaus. Das Parkett war relativ gut besetzt, insbesondere durch interessierte Jugendliche.

Die Veranstaltung wurde durch das Percussion Ensemble der städtischen Musikschule Chemnitz unter Trommelwirbel eröffnet, gefolgt von der Begrüßung durch Dr. oec. habil. Dieter Füßlein und Grußworte von Olaf Tschimpke, Präsident des Naturschutzbundes Deutschlands (NABU e.V.). Sowohl Herr Füßlein als auch Herr Tschimpke fokussierten sich in ihren Ansprachen auf die verbindende Kraft der Nachhaltigkeit und plädierten für die Unterstützung der Bereitschaft sowie des Engagements der „Enkelgenerationen“ für den Klimaschutz und eine nachhaltige Zukunftsentwicklung.

Marlehn Thieme, langjährige Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung bei der Bundesregierung und neue Präsidentin der Welthungerhilfe, erhielt als Erste den diesjährigen Nachhaltigkeitspreis für ihr umfassendes Engagement für Nachhaltigkeit auf gesellschaftlicher Ebene. In Ihrer Festansprache plädierte sie leidenschaftlich für die Verankerung der Nachhaltigkeit als Staatsziel im deutschen Grundgesetz und eine auf die Erfüllung der nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) fokussierte Wirtschaft und Öffentlichkeit.

Auch der zweite Preisträger, Dr. Alexey Kokorin, Leiter des Klimaprogramms des World Wildlife Fund (WWF) Russlands, überzeugte das Publikum durch seine energische und authentische Ansprache, trotz Dolmetscherin. Er verdeutlichte die Relevanz und Dringlichkeit, das Wissen bezüglich des anthropogenen Klimawandels korrekt und an die Zuhörer/innengruppe angepasst zu vermitteln – sowohl mit wissenschaftlichen als auch emotionalen Fakten.

Frau Patricia Espinosa Cantellano live aus dem UN-Studio in Bonn
© Mark Frost

Nach einer kurzen Pause wurde die Preisträgerin Patricia Espinosa Cantellano, Generalsekretärin der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, geehrt und live der Veranstaltung zugeschaltet. Auch sie verdeutlichte, dass anhand der SDGs die Verantwortung gegenüber Menschen und dem Planeten gleichermaßen getragen werden können. Jedoch seien diese durch den Klimawandel ganzheitlich bedroht. Insbesondere die Verabschiedung neuer Klimapläne im kommenden Jahr wurden von Frau Espinosa Cantellano als womöglich letzte Chance hervorgehoben, die Pariser Klimaziele zu erreichen. Denn das Handlungsfenster schließt sich mit fortschreitender Zeit zunehmend. Sichtlich gerührt beobachtete sie, wie ihr Mann den Preis für sie entgegennahm.

Dr. Alexey Kokorin und Felix Finkbeiner im Gespräch © Mark Frost

Der ehemalige Ministerpräsident Sachsens Prof. Dr. Kurt Biedenkopf hielt die letzte Laudatio für die jüngsten Nominierten und appellierte an die Gemeinschaft, eine Brücke zwischen Erwachsenen und Jugendlichen zu bilden. Als Preisträgerin wurde Greta Thunberg für ihr Engagement in der Jugendbewegung Fridays for Future geehrt. Da Greta Thunberg selbst nicht anwesend war, wurde der Preis von Marvin Müller und Victoria Teuchert, Mitgleider der Fridays for Future Bewegung Chemnitz, entgenegenommen. Felix Finkbeiner hielt als letzter Preisträger die belebteste Rede, mit bildlicher Untermalung und viel Leidenschaft. Der Umweltaktivist erzählte bei seiner Festansprache, wie er auf das Problem des Klimawandels in der vierten Klasse aufmerksam wurde und die heute global agierende Umweltschutzorganisation „Plant-for-the-Planet“ ins Leben rief. Diese hat sich als Ziel gesetzt, weltweit 1.000 Milliarden Bäume zu pflanzen. Mit seiner Ansprache und der Vorstellung der neu entwickelten gleichnamigen App endete die Veranstaltung in einer motivierten, lockeren und hoffnungsvollen Atmosphäre.

Preisträger/innen und Laudator/innen (v.l.n.r. Dr. Dieter Füßlein (Carlowitz-Gesellschaft), Christoph Heinrich (WWF Deutschland), Dr. Alexey Kokorin (WWF Russland), Marlehn Thieme (ehem. RNE), Prof. Heinrich Bedford-Strohm (EKD), Marvin Müller und Victoria Teuchert (FFF Chemnitz), Prof. Kurt Biedenkopf, Felix Finkbeiner © Mark Frost

Ziel der diesjährigen Konferenz war, diese positiven Energien zu bündeln, um gemeinsam die Pariser Klimaziele ideell und materiell abzusichern. Zwar war die Auswahl der Preisträger/innen gut und erfreulich, dass auch weiblicher Preisträgerinnen im Vergleich zum Vorjahr geehrt wurden. Auch die ideellen Werte wurden durch zum Teil langatmige Ansprachen vermittelt.

Inwiefern jedoch die materielle Absicherung der Klimaziele durch die Preisverleihung zu verstehen ist, bleibt unklar. Wünschenswert wären in diesem Aspekt ein zukunftsorientierter vegetarisch/veganer Imbiss, welcher im Sinne des Klimaschutzes durch den Faktor Ernährung ein praktisches Beispiel für die Umsetzung der individuellen Handlungsfähigkeit darstellen könnte. Auch die symbolische Baumpflanzung neben der Oper erschien mehr wie eine Fotoaktion, als ein wirklicher Beitrag zum Klimaschutz. Eine Spende der Carl-von-Carlowitz-Gesellschaft wäre dabei sinnvoller erschienen, oder auch die Veranstaltung am Tag an einen mit Tageslicht ausgeleuchteten Ort zu verlegen, hätte womöglich einige Kilowattstunden sparen können.

Des Weiteren war es sehr schade, dass der Vortrag und die anschließende Diskussionsrunde zum Thema Klimawandel „Kleine Gase – Große Wirkung: Der Klimawandel“ von David Nelles und Christian Serrer nach Ende der Preisverleihung in den Chemnitzer Hof ausgelagert wurde. Lediglich 40 Interessierte erschienen zu dieser Veranstaltung, welche im Rahmen der Konferenz leider unterging. Die beiden Studenten verfassten ein gleichnamiges Buch in Kooperation mit 100 Wissenschaftler/innen, selbstverständlich nachhaltig produziert und durch den absichtlich niedrigen Kaufpreis von 5 Euro für die Breite der Gesellschaft erwerbbar.

In ihrem sehr gelungenen Vortrag und der veranschaulichenden Präsentation wurden die allgemeinen, wissenschaftlichen Zusammenhänge des Buchs zusammengefasst und sehr gut dem Publikum nahe gebracht. Speziell die Handlungsempfehlungen, die jede/r Bürger/in individuell umsetzen kann, haben hoffentlich einige Zuhörer/innen erreicht und motiviert selbst tätig zu werden – eine essenzielle Botschaft die auch gut in die Veranstaltung im Opernhaus gepasst hätte.